Die Zersplitterung der Tarifverhandlungen ist eng mit der Präsenz von Arbeitgebern in den Bereichen Elektrizität und Festnetztelefonie verbunden, die unterschiedliche Rechtsformen, Eigentumsstrukturen und -größen aufweisen und unterschiedliche sektorale Vereinbarungen anwenden können. Die zunehmende Bedeutung von Betriebsvereinbarungen resultiert einerseits aus den Umstrukturierungswellen, die die beiden Sektoren betroffen haben und immer noch betreffen, wodurch der Schwerpunkt der Tarifverhandlungen auf die dezentrale Ebene verlagert wird. Andererseits hat die Prävalenz großer Unternehmen, die häufig eine beherrschende Stellung einnehmen, anscheinend dazu beigetragen, die Arbeitsbeziehungen auf Unternehmensebene hervorzuheben. Sektorale Abkommen spielen in den Ländern, in denen dieses Niveau traditionell besonders stark ist, nach wie vor eine wichtige Rolle, was in Kontinentaleuropa nach wie vor üblich ist. Wahrscheinlich mehr als in anderen Branchen scheinen diese Vereinbarungen jedoch im Wesentlichen eine Reihe von Rahmenregeln für die wichtigsten Unternehmen zu definieren. Deutschland bietet eine gute Illustration beider Aspekte. Im Telekommunikationssektor führt das Fehlen einer branchenweiten Vereinbarung dazu, dass die Betreiber unterschiedliche Vereinbarungen treffen, während im Elektrizitätssektor Verhandlungen auf Unternehmensebene zwischen Management und Gewerkschaften für Beschäftigung und Arbeitsbedingungen von entscheidender Bedeutung sind. Angesichts der traditionellen Stärke und Schlüsselrolle der sektoralen Verhandlungen in Deutschland scheint diese Situation besonders bedeutsam zu sein. Die Besonderheit der Arbeitsbeziehungen in den öffentlichen Versorgungsunternehmen lässt sich an den Erfahrungen der mittel- und osteuropäischen Länder gut abstellen. Hier gibt es sowohl überdurchschnittliche Gewerkschaftsquoten als auch Beispiele für Verhandlungen mit mehreren Arbeitgebern (in den meisten dieser Länder im Allgemeinen selten), was zur Erhöhung des Tarifabschlusses beiträgt. Dies ist beispielsweise der Fall im Elektrizitätssektor in Ungarn, wo der Arbeitgeberverband der Elektrizitätsunternehmen (Villamosenergia-ipari T`rsas-gok Munkaadéi Szövetsége, VTSZ) eine der stärksten Arbeitgeberorganisationen des Landes ist und jährlich einen Tarifvertrag mit den sektoralen Gewerkschaften abschließt, der dann auf gemeinsamen Wunsch der beiden Parteien der Branche auf den gesamten Sektor ausgedehnt wird. Auch in der Slowakei sind die Arbeitgeberorganisationen bei den öffentlichen Versorgungsunternehmen relativ stark, und ihr Zugehörigkeitsniveau ist überdurchschnittlich hoch. Darüber hinaus gibt es sektorale Vereinbarungen sowohl im Elektrizitäts- als auch im Telekommunikationssektor.
In Polen gibt es branchenweite Vereinbarungen sowohl für den Strom- als auch für den Telekommunikationssektor, die in der Regel durch Betriebsvereinbarungen ergänzt werden, insbesondere in großen Unternehmen. In Slowenien gibt es ein branchenweites Abkommen für den Elektrizitätssektor, über das derzeit für Telekommunikation und Verkehr verhandelt wird. Betriebsvereinbarungen sind in beiden Sektoren üblich. Darüber hinaus gibt es in diesen Industriezweigen und insbesondere im Elektrizitätssektor bedeutende Beispiele für einen dreiseitigen Dialog in Ungarn, Polen, Slowenien und der Slowakei, wie oben erwähnt. Die öffentlichen Versorgungsunternehmen in Europa haben in den letzten Jahren große Veränderungen durchgemacht, die Prozesse wie Liberalisierung, Privatisierung und eine wachsende Präsenz multinationaler Unternehmen mit sich bringen. Diese vergleichende Studie, die sich auf den Strom- und Festnetztelefoniesektor konzentriert, untersucht die Auswirkungen dieser Veränderungen auf die Arbeitsbeziehungen. In 19 EU-Mitgliedstaaten plus Norwegen werden die Entwicklungen in bezug auf den Status der Arbeitnehmer, die Vertretung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die Struktur der Tarifverhandlungen sowie Verhandlungen und Konflikte über Themen wie Umstrukturierung, Auslagerung und Arbeitnehmerbeteiligung untersucht.